Häufig gestellte Fragen

Nachstehend werden einige immer wieder zu Diskussionen Anlass gebende Themen (FAQ) behandelt. Grundlage für diese bilden neben den einschlägigen Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen, insbesondere auch die SRO-Statuten sowie das SRO-Reglement in seiner jeweils gültigen Fassung.

 

Gerne verweisen wir Sie bezüglich der per 1. Januar 2020 in Kraft gesetzten und verbundenen Regulierungen des Finanzdienstleistungsgesetztes (FIDLEG) und des Finanzinstitutsgesetzes (FINIG) auf eine von der SRO für Ihre Mitglieder erstellte Übersicht, welche unter den Publikationen abrufbar ist.

 

Frage 1: Anschluss Zeichnungsberechtigte als Gemeldete Personen

Frage 2: Kosten Kollektivanschluss

Frage 3: zwingende interne Richtlinien

Frage 4: Abgrenzung GwG-unterstellungspflichtige Tätigkeit

Frage 5: Kriterium der Berufsmässigkeit

Frage 6: Nicht dem GwG unterstellte Tätigkeiten

Frage 7: Aufbewahrung Wertpapiere

Frage 8: GwG-unterstellungspflichtige VR-Tätigkeit

Frage 9: Geltungsbereich 305bis StGB

Frage 10: Vertragspartei

Frage 11: Kontrollinhaber

Frage 12: Aufbewahrungspflicht

Frage 13: Transaktionen ohne Mitwirken des FI

Frage 14: Vorsorgeauftrag (vgl. auch Frage 6; in Bezug auf den Willensvollstrecker)

Frage 15: Abklärungspflichten Transaktionen/Geschäftsbeziehungen

Frage 16: Definition Risikoland

Frage 17: MROS-Meldepflicht


Frage 1: Anschluss Zeichnungsberechtigte als Gemeldete Personen

In meiner Anwaltskanzlei – ich bin der SRO einzeln angeschlossen – hat neben mir als einzigem FI eine Sekretariatsmitarbeiterin/Assistentin in den 5 FI-Dossiers über die dort involvierten Bankkonti Einzelunterschrift. Kann oder muss sich diese als FI der SRO SAV/SNV anschliessen?

Antwort

Nein. Der Einzelanschluss einer natürlichen Person steht nur Anwälten und Notaren offen (Art. 4 Abs. 3 Statuten SRO SAV/SNV). Da die Assistentin keine Anwältin/Notarin ist, kann sie nicht Mitglied der SRO SAV/SNV sein.

Die SRO kennt jedoch den Status der sog. "Gemeldeten Personen" (Art. 5 Statuten SRO SAV/SNV). Eine Gemeldete Person ist eine natürliche Person, welche bei einem Passivmitglied eine unterstellungspflichtige Tätigkeit ausübt. Da die Sekretariatsmitarbeiterin/Assistentin über Zeichnungsbefugnis verfügt (egal ob Einzel- oder Kollektivunterschrift), muss das Mitglied (ihr Chef) sie der SRO SAV/SNV melden. Die SRO nimmt die Sekretariatsmitarbeiterin/Assistentin als Gemeldete Person auf.

 

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Frage 2: Kosten Kollektivanschluss

Mit welchen Kosten müssen wir für unseren Kollektivanschluss bei der SRO rechnen? Ich führe zusammen mit zwei Partnern eine Anwaltskanzlei. Zudem arbeiten ein angestellter Anwalt sowie eine Sekretariatsmitarbeiterin/Assistentin bei uns. Zurzeit betreuen nur ich und ein zweiter Partner FI-Mandate. Der dritte Partner und der angestellte Kollege üben keine FI-Tätigkeit aus. Meine langjährige Assistentin verfügt bei den in den 40 GwG-Dossiers involvierten Bankkonti momentan mit mir zusammen über Kollektivunterschrift zu zweien, später dann allenfalls sogar über Einzelunterschrift. Der SRO kollektiv angeschlossen sind wir zwei als FI tätige selbständige Anwälte. Meine Assistentin ist der SRO gemeldet als sogenannt "Gemeldete Person".

Antwort

In Art. 10 der Statuten SRO SAV/SNV sind die zu entrichtenden Beiträge geregelt. Dabei wird unterschieden zwischen dem Grundbeitrag (Abs. 2 - 4), dem Kontrollbeitrag (Abs. 7) und der Aufsichtsabgabe (Abs. 8). Der genannten Anwaltskanzlei werden demnach die folgenden Beträge in Rechnung gestellt:

  1. Je ein Grundbeitrag von CHF 1’200.-- für die zwei kollektiv angeschlossenen FI (die als FI tätigen Partner) und zusätzlich ein Grundbeitrag für die gemeldete Sekretariatsmitarbeiterin/Assistentin, d.h. total CHF 3’600.-- pro Jahr.
  2. Der Kontrollbeitrag für die periodische ordentliche Kontrolle. Dieser setzt sich zusammen aus einem Sockelbetrag von CHF 2'000.-- und den Kosten für den Aufwand des Prüfungsbeauftragten vor Ort, d.h. in der Kanzlei des FI. Diese in der FI-Kanzlei aufgewendete Zeit (Kontrollzeitaufwand) wird diesem mit CHF 300.-- pro Stunde fakturiert.
  3. Die Aufsichtsabgabe ist eine Abgabe, welche von der FINMA jährlich auf die einzelnen SRO abgewälzt und von der SRO SAV/SNV den ihr angeschlossenen FI weiterverrechnet Für 2021 beläuft sich diese auf CHF 370.--.

Ausgehend von einem vor Ort entstandenen Kontrollaufwand von 3½ Stunden ergibt dies in der Übersicht die folgende Abrechnung:

  • Grundbeitrag für 2 FI                                                                             CHF  2'400.--
  • Grundbeitrag für Mitarbeitende (Gemeldete Person)                            CHF  1'200.--
  • Aufsichtsabgabe für 2 FI                                                                       CHF    740.--
  • Aufsichtsabgabe für Mitarbeitende                                                       CHF    370.--
  • Kontrolle: Sockelbetrag                                                                         CHF  2'000.--
  • Kontrollzeitaufwand (Kontrolldauer: 3½ Std.)                                       CHF  1'050.--
    Total                                                                                                        CHF  7'760.--

Der Grundbeitrag und der Kontrollbeitrag, nicht aber die Aufsichtsabgabe, sind mehrwertsteuerpflichtig.
Den zahlungssäumigen FI werden die für Mahnungen notwendigen Spesen belastet.

 

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Frage 3: zwingende interne Richtlinien

In meiner Kanzlei bin ich als einziger Anwalt tätig und betreue noch 3 FI-Mandate für Klienten, die ich schon mehrere Jahrzehnte kenne. Neue FI-Mandate nehme ich keine mehr an. Muss ich trotzdem interne Richtlinien erlassen?

Antwort

Ja, auf jeden Fall.

Art. 54 Abs. 1 Regl. schreibt vor, dass völlig unabhängig von der Grösse der Kanzlei bzw. Anzahl der eine FI-Tätigkeit ausübenden Anwälte/Notare mindestens die Kriterien schriftlich festzuhalten sind, wann eine Geschäftsbeziehung als eine solche mit erhöhtem Risiko gilt und wann eine Transaktion als mit erhöhtem Risiko behaftet erscheint. Zusammenfassend haben somit ausnahmslos sämtliche Kanzleien sowohl für Geschäftsbeziehungen als auch für Transaktionen mit erhöhtem Risiko Kriterien festzulegen.

Diese Kriterien sind aufgrund der Struktur, Tätigkeitsgebiete, geografischen Ausrichtung und anderen Gegebenheiten der eigenen Kanzlei möglichst konkret zu umschreiben. Ein reines Abschreiben der Gesetzesartikel oder des Regl. SRO (insbesondere der Art. 41 und 42) genügt nicht.

 

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Frage 4: Abgrenzung GwG-unterstellungspflichtige Tätigkeit

Wie kann ich allgemein beurteilen, ob meine Tätigkeit eine nicht dem GwG unterstellte anwaltliche/notarielle ist oder als sogenannt akzessorische Tätigkeit dem GwG unterstellt ist?

Antwort

Massgebend ist Art. 2 Abs. 3 GwG, indem dort festgehalten wird:

"Finanzintermediäre sind auch Personen, die berufsmässig fremde Vermögenswerte annehmen, oder aufbewahren, oder helfen, sie anzulegen oder zu übertragen […]".

Art. 9 Abs. 2 GwG besagt:

"Der Meldepflicht nicht unterworfen sind Anwältinnen, Anwälte, Notarinnen und Notare, soweit ihre Tätigkeit dem Berufsgeheimnis nach Art. 321 StGB untersteht."

Die Abgrenzung ist wie folgt vorzunehmen:

Entweder befasst sich ein Anwalt/Notar mit einem Mandat in und wegen seiner Eigenschaft als Anwalt/Notar. In diesem Fall ist er dem GwG nicht unterstellt. Oder aber er betätigt sich ausserhalb seiner typischen, charakteristischen beruflichen Tätigkeit, übt also eine solche aus, die ebenso gut von einer Bank, einem Vermögensverwalter oder einem Treuhänder wahrgenommen werden könnte. Bei solchen Tätigkeiten kommt es somit regelmässig nicht auf anwaltsspezifisches Know-How an und der Anwalt/Notar ist Finanzintermediär, womit er dem GwG untersteht. Vgl. Botschaft zum GwG, BBl 1996 III 1101, 1131ff. sowie die dort zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung.

Die Konsequenz daraus ist, dass sich ein Anwalt/Notar, der in einem von Art. 2 Abs. 3 GwG erfassten Zusammenhang und ohne dass dies mit einem zur normalen Tätigkeit gehörenden Mandat verbunden ist, aktiv wird, nicht auf Art. 321 StGB berufen kann.

Die Abgrenzung ist allerdings nicht immer einfach. Anwälte/Notare, welche als Finanzintermediäre tätig werden wollen, müssen sich einer Selbstregulierungsorganisation anschliessen (Art. 14 Abs. 3 GwG).

Die früher geltende Regelung, wonach der Anwalt/Notar im Bereich seiner dem Berufsgeheimnis unterstellten Tätigkeit das Formular R und im Bereich der Finanzintermediation das Formular A verwenden konnte, gilt nicht mehr uneingeschränkt. Das FATCA-Abkommen hat die Anwendbarkeit des Formulars R eingeschränkt und zwar insoweit,  als dieses nicht mehr den gesamten Bereich des Berufsgeheimnisses abdeckt.

Soweit das Formular R also keine Verwendung mehr finden kann, sollte sich der RA/Notar im Bereich seiner angestammten anwaltlichen Tätigkeit durch die Klientschaft vom Berufsgeheimnis entbinden lassen (siehe dazu auch die Hinweise zu FATCA und Formular R auf der Homepage des SAV: www.sav-fsa.ch).

Nach wie vor gilt aber, dass der als Finanzintermediär tätige Anwalt für die den FI-Mandaten zugrundeliegenden Bankbeziehungen nicht das Formular R benutzen darf, sondern das Formular A (wirtschaftlich berechtigte Person), Formular K (Kontrollinhaber), Formular S (Stiftung) und Formular T (Trust) verwenden muss.

Zur Abgrenzung zwischen berufsspezifischer/akzessorischer Tätigkeit wird zudem auf die Broschüre der SRO «Rechtsanwälte und Notare als Finanzintermediäre – eine Einführung» verwiesen, welche unter den Publikationen abrufbar ist: https://sro-sav-snv.ch/informationen-faq/publikationen.

 

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Frage 5: Kriterium der Berufsmässigkeit

Wann handelt ein Finanzintermediär «berufsmässig»?

Antwort

Gemäss Wortlaut von Art. 2 Abs. 3 GwG müssen fremde Vermögenswerte berufsmässig aufbewahrt oder verwaltet respektive muss berufsmässig dazu Hilfe geleistet werden, sie anzulegen oder zu übertragen, damit eine Finanzintermediation vorliegt. In der Geldwäschereiverordnung des Bundesrates (GwV) wird der Begriff Berufsmässigkeit konkretisiert.

Im Allgemeinen übt ein Finanzintermediär seine Tätigkeit berufsmässig aus (siehe  Art. 7 GwV, sog. "Bagatellbestimmung" und ist von einer Unterstellungspflicht  auszugehen, wenn alternativ:

  • der während eines Kalenderjahres durch die Tätigkeit als Finanzintermediär erzielte Bruttoerlös CHF 50'000.-- übersteigt,
  • pro Kalenderjahr mit mehr als 20 Vertragsparteien Geschäftsbeziehungen aufgenommen werden, die sich nicht auf eine einmalige Tätigkeit beschränken, oder pro Kalenderjahr mindestens 20 solcher Beziehungen unterhalten werden,
  • eine Person eine unbefristete Verfügungsmacht über fremde Vermögenswerte hat, die zu einem beliebigen Zeitpunkt CHF 5 Mio überschreiten oder
  • eine Person Transaktionen bezüglich fremder Vermögenswerte durchführt, deren Gesamtvolumen CHF 2 Mio pro Kalenderjahr überschreitet, wobei hierfür Zuflüsse von Vermögenswerten und Umschichtungen innerhalb des gleichen Depots nicht zu berücksichtigen sind.

Eine berufsmässige und somit unterstellungspflichtige Finanzintermediation liegt bei Tätigkeiten für nahestehende Personen nur dann vor, wenn damit im Kalenderjahr ein Bruttoerlös von mehr als CHF 50'000.-- erzielt wird.

Wer als nahestehende Person gilt, ist in Art 7. Abs. 5 GwV definiert:

  • Verwandter oder Verschwägerter in gerader Linie,
  • Verwandter bis zum dritten Grad der Seitenlinie,
  • Ehegatte oder eingetragener Partner (auch nach einer Scheidung oder gerichtlichen Auflösung der Ehe/Partnerschaft),
  • Miterbe bis zum Abschluss der Erbteilung,
  • Nacherbe oder Nachvermächtnisnehmer nach Art. 488 ZGB
  • Personen, die mit einem Finanzintermediär in einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft leben.

Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass bei Ausführung einer berufsmässigen und somit unterstellungspflichtigen Finanzintermediation ohne Anschluss an eine Selbstregulierungsorganisation, strafrechtliche Sanktionen drohen (Art. 14 GwG i.V.m. Art. 44 FINMAG).

 

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Frage 6: Nicht dem GwG unterstellte Tätigkeiten

Welche typischen Tätigkeiten eines Anwalts/Notars, die mit der Verfügung über Vermögenswerte (Entgegennahme, Aufbewahrung, Anlage oder Übertragung) verbunden sind, stellen dennoch keine dem GwG unterstellten Aktivitäten dar?

Antwort

Vom Anwendungsbereich des GwG werden einzig Transaktionen von fremden Vermögenswerten nicht erfasst, die im Zusammenhang mit einem zur normalen Tätigkeit gehörenden Mandat des Anwalts/Notars stehen und daher dem Berufsgeheimnis unterstehen.

Das FINMA-Rundschreiben 2011/1 mit dem Titel "Finanzintermediation nach GwG" vom 20. Oktober 2010, in Kraft seit 1. Januar 2011, revidiert am 26. Oktober 2016, bietet einen ausführlichen Überblick über die Praxis der GwV.

Zusammengefasst bedeutet dies, dass das GwG nur dann nicht anwendbar ist, wenn die Verschiebung von Vermögenswerten mehrheitlich und tatsächlich im Rahmen eines vom Anwalt/Notar betreuten streitigen oder nicht streitigen Mandates erfolgt (Gerichtsverfahren, Schiedsgerichtsverfahren, Erbschaftsangelegenheiten, Beratung in Ehesachen, gesellschaftsrechtliche Mandate etc.).

Der Anwalt/Notar ist gut beraten, Transaktionen so zu dokumentieren, dass aufgezeigt und belegt werden kann, ob es sich dabei um klassische Anwalts-/Notariats- oder FI-Tätigkeiten handelt. Der Zusammenhang mit einer überwiegenden und als solchen erkennbaren Anwalts-/Notariatstätigkeit muss auf jeden Fall nachvollzogen werden können und ist mittels einer Aktennotiz im FI-Dossier auch zu deklarieren. Auch im berufsspezifischen Tätigkeitsbereich des Anwalts/Notars gilt Art. 305bis StGB (Geldwäscherei) mit der neu ab dem 1. Januar 2016 wichtigen Erweiterung auf qualifizierte Steuervergehen. Näheres dazu entnehmen Sie der Antwort zu Frage 9.

Beispiele:

Übernimmt ein Anwalt/Notar ein Willensvollstreckermandat im Sinne von Art. 517 ff. ZGB handelt er nicht als Finanzintermediär, wenn er in dieser Funktion Transaktionen von Vermögenswerten vornimmt.

Wenn dabei aber ein enges Vertrauensverhältnis zwischen dem Anwalt/Notar und den Erben entsteht, kann bei diesen – einzeln oder gemeinsam – der Wunsch wachsen, dass der Anwalt/Notar trotz bereits abgeschlossener Erbteilung für sie Vermögenswerte in seinem Tresor aufbewahrt oder als Bevollmächtigter ein Bankkonto betreut. In einem solchen Fall handelt der Anwalt/Notar nicht mehr als Willensvollstrecker, sondern als Vertrauensperson und übt eine Tätigkeit aus, die eine Bank oder ein Treuhänder ebenso gut ausüben könnte, da es dafür kein anwalts-/notariatsspezifisches Know-How mehr braucht und die Verwaltung der fraglichen Vermögenswerte nicht mehr im Zusammenhang mit einer damit verbundenen juristischen Tätigkeit steht. Transaktionen von Vermögenswerten ab dem Datum des Vollzugs der Erbteilung sind daher als dem GwG unterstellte FI-Tätigkeiten zu betrachten.

Die Tätigkeit des Willensvollstreckers ist zudem so zu verstehen, wie sie das ZGB definiert: Der Willensvollstrecker untersteht der Aufsicht der zuständigen kantonalen Behörde, die ihn unter bestimmten Voraussetzungen abberufen kann (BGE 90 II 376).

  • Trustee

Ein als Trustee tätiger Anwalt/Notar ist Finanzintermediär im Sinne des GwG (vgl. auch Rz. 106 FINMA-Rundschreiben 2011/1). Er ist ebenfalls dem FINIG unterstellt (vgl. Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 17 Abs. 2 FINIG).

  • Escrow Agent

Beim sog. Escrow Agent war lange Zeit umstritten, ob dessen Tätigkeit dem Geldwäschereigesetz untersteht oder nicht. Die Ansichten der FINMA und der SRO SAV/SNV gingen teilweise auseinander. Wie nun auch die FINMA bestätigt (vgl. Rz. 119 ff. FINMA 2011/1), ist bei der Tätigkeit des Escrow Agent eine Abgrenzung nach folgenden Kriterien vorzunehmen: Sofern für die Abwicklung des Escrow Agreement und damit die Aufbewahrung von Vermögenswerten für zwei Vertragsparteien juristisches Know-How notwendig ist, untersteht die Tätigkeit des Anwaltes/Notars nicht dem GwG. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Anwalt sich nicht nur für die Eröffnung/Führung eines Escrow-Kontos zur Verfügung stellt, sondern darüber hinaus im Auftrag der Vertragsparteien z.B. den Escrow-Vertrag ausarbeitet, mithin also sein anwalts-/notariatsspezifisches Fachwissen zur Verfügung stellt. Andernfalls – wenn der Anwalt/Notar also nur für die Abwicklung eines Standard Escrow Agreements verantwortlich ist – handelt er als Finanzintermediär und seine Tätigkeit unterliegt dem GwG in gleicher Weise, wie wenn eine Bank oder ein Treuhänder tätig wären.

  • Notar als Urkundsperson in Grundbuchangelegenheiten

Auch diesbezüglich hat die FINMA in Rz. 123 FINMA 2011/1 insoweit Klarheit geschaffen, als der Transfer der Kaufpreissumme bei einem Liegenschaftsverkauf über das Klientengelderkonto des beurkundenden Notars keine unterstellungspflichtige Finanzintermediation darstellt, da diese Dienstleistung mit seiner berufsspezifischen Tätigkeit (Beurkundung des Kaufvertrages) in engem Zusammenhang steht. Weitere nicht unterstellte (und unterstellte) Notariatstätigkeiten sind a.a.O. in FINMA 2011/1 aufgeführt.

 

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Frage 7: Aufbewahrung Wertpapiere

Stellt die Aufbewahrung von Wertpapieren oder anderen Effekten im Auftrag eines Klienten in jedem Fall eine Tätigkeit als Finanzintermediär im Sinne des GwG dar?

Antwort

Nein, nicht zwingend.

Zwar ist grundsätzlich jegliche Aufbewahrung und Verwaltung von Effekten eine FI-Tätigkeit (Art. 2 Abs. 3 lit. g GwG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 lit. a und c GwV). Zum Begriff der Effekten sei auf das FINMA-Rundschreiben 2011/1 verwiesen (vgl. Rz. 97). ). Es gilt derselbe Effektenbegriff, wie er in der Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung verwendet wird. Nach Art. 2 lit. b FinfraG sind Effekten vereinheitlichte und zum massenweisen Handel geeignete Wertpapiere, Derivate und Bucheffekten. Als vereinheitlichte und zum massenweisen Handel geeignete Effekten gelten Wertpapiere, Wertrechte und Derivate, die in gleicher Struktur und Stückelung öffentlich angeboten oder bei mehr als 20 Kunden platziert werden, sofern sie nicht für einzelne Gegenparteien besonders geschaffen werden (Art. 2 FinfraV).

Des Weiteren sind nach Ansicht der SRO SAV/SNV von Art. 2 Abs. 3 GwG alle Vermögenswerte erfasst, bei denen auf Grund ihrer Liquidität ein besonderes Geldwäschereirisiko besteht, also Bargeld, Edelmetalle und Inhaberpapiere, nicht jedoch Namen- und Orderpapiere, weil diese nicht leicht handelbar sind und demnach deren Aufbewahrung auch kein besonderes Geldwäschereirisiko in sich birgt.

Die SRO SAV/SNV ist sich bewusst, dass diese Ansicht betreffend der Aufbewahrung von Inhaberpapieren, denen keine Effektenqualität zukommt, von der offiziellen Haltung der FINMA abweicht. Während noch im "Unterstellungskommentar" aus dem Jahre 2003 der ehemaligen Kontrollstelle auf Seite 33 in Ziffer 2.10. unter ausdrücklichem Verweis auf die Botschaft zum GwG die Ansicht vertreten wurde, dass die Aufbewahrung von Vermögenswerten, bei denen aufgrund ihrer Liquidität ein besonderes Geldwäschereirisiko bestehe, eine FI-Tätigkeit darstelle, wurde diese Ansicht von der FINMA offenbar nicht übernommen (FINMA-Rundschreiben 2011/1, Seite 17, Rz. 97). Dies obwohl weder Art. 2 Abs. 3 GwG noch die anderen einschlägigen, diesbezüglich relevanten Bestimmungen in der Zwischenzeit geändert worden wären. Aus diesen Gründen vermag nach Ansicht der SRO SAV/SNV die offizielle Haltung der FINMA nicht zu überzeugen.

Zunächst ist somit die (einfachere) Frage zu prüfen, ob es sich bei den aufbewahrten Werten um Effekten nach Art. 2 lit. b FinfraG oder um Bargeld, Edelmetalle, Inhaberpapiere handelt. Erst dann ist zu untersuchen, ob die Aufbewahrung im Rahmen der berufsspezifischen Tätigkeit erfolgt. Nach diesen beiden Grundsätzen ist von Fall zu Fall darüber zu befinden, ob die Aufbewahrung von Effekten eine dem GwG unterstelle FI-Tätigkeit des Anwalts/Notars ist.

Wenn ein Anwalt/Notar Aktien einer von ihm gegründeten Gesellschaft, deren Rechtsberater er ist, aufbewahrt, kann dies noch seiner berufsspezifischen Tätigkeit zugerechnet werden.

Anderseits handelt ein Anwalt/Notar, der Inhaberaktien (nicht aber Namenaktien) aufbewahrt, welche in keinem Zusammenhang mit einer von ihm ausgeübten juristischen Tätigkeit stehen, nach Ansicht der SRO SAV/SNV als Finanzintermediär. Dies gilt z. B. dann, wenn er Inhaberaktien einer Firma nur deswegen bei sich aufbewahrt, weil sein Klient diese lieber ihm als seiner Bank anvertraut.

Der Anwalt/Notar muss deshalb je nach den Umständen Massnahmen vorsehen, welche ihm eine Kontrolle der Verfügungsmacht über diese Papiere ermöglicht. Die einwandfreie Qualität seiner juristischen Dienstleistung und insbesondere, um zu vermeiden, dass Inhaberaktien die Hand wechseln, ohne dass der Anwalt/Notar davon erfährt, machen dies notwendig. Ein Absehen von entsprechenden Vorkehren wäre nicht zu vertreten.

Schliesslich sei an dieser Stelle auf die neuen Bestimmungen des Obligationenrechts hingewiesen (vgl. Art. 697k und Art. 697l Abs.4 OR), nämlich die Möglichkeit, dass die Gesellschaft einen Finanzintermediär einsetzen kann, der das Verzeichnis über die Inhaberaktionäre führt (anstatt dass sie dies selber macht).

 

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Frage 8: GwG-unterstellungspflichtige VR-Tätigkeit

Wann ist die Tätigkeit eines Anwalts/Notars im Verwaltungsrat einer Firma als Finanzintermediation zu qualifizieren?

Antwort

Die Antwort gibt Art. 6 Abs. 1 lit. d i.V.m. Art. 6 Abs. 2 GwV.

Wenn die fragliche Gesellschaft über eigene Büros und eigenes Personal verfügt und im Industrie‑, Handels- oder Dienstleistungsbereich tätig ist, sind die Mitglieder des Verwaltungsrates nicht als Finanzintermediäre zu betrachten. Eine solche Gesellschaft ist operativ tätig. Gegebenenfalls muss aber die Gesellschaft selbst als Finanzintermediärin im Sinne des GwG eingestuft werden, sofern sie eine Tätigkeit ausübt, die vom GwG erfasst wird.

Nimmt also ein Anwalt/Notar im Verwaltungsrat einer von der FINMA anerkannten Bank Einsitz, hat dies nicht zur Folge, dass er dem GwG unterstellt ist. Demgegenüber ist die Bank als juristische Person aber offensichtlich eine dem GwG unterstehende Finanzintermediärin (Art. 2 lit. a GwG i.V.m. Art. 1a BankG).

Hingegen sind VR-Mitglieder einer sog. Sitzgesellschaft Finanzintermediäre im Sinne des GwG (ausgenommen bei dieser handle es sich um eine Holding-Sitzgesellschaft; vgl. Rz 108 FINMA 2011/1). Vgl. zum Ganzen auch die Rz. 100 - 109 FINMA 2011/1.

 

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Frage 9: Geltungsbereich 305bis StGB

Kann bei einer Tätigkeit im Finanzbereich, die unmittelbar mit einem juristischen Mandat verbunden ist und nicht unter das GwG fällt, der Schluss gezogen werden, ein Anwalt/Notar habe dabei keinerlei Sanktionen in Anwendung von Art. 305bis StGB (Geldwäscherei) zu gewärtigen?

Antwort

Die Antwort ist klar: Nein.

Im Gegensatz zu Art. 305ter StGB (Mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften und Melderecht) ist Art. 305bis (Geldwäscherei) auf einen breiter gefassten Personenkreis anwendbar. Er beschränkt sich keineswegs nur auf Finanzintermediäre im Sinne von Art. 305ter StGB und des GwG.

Wie jeder andere Bürger auch, hat daher ein Anwalt/Notar – unabhängig davon, ob er als Finanzintermediär tätig ist oder nicht – in Anwendung von Art. 305bis StGB eine strafrechtliche Sanktion zu gewärtigen, wenn die tatbestandsmässigen Voraussetzungen der Geldwäscherei erfüllt sind.

Von Bedeutung ist hier, dass der Art. 305bis StGB auf die qualifizierten Steuervergehen ausgedehnt wurde.

 

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Frage 10: Vertragspartei

Ist "Vertragspartei" im Sinne des GwG der "Klient" wie man diesen üblicherweise im Anwalts- oder Notariatsberuf versteht?

Antwort

Nein, nicht zwingend.

Wer als Vertragspartei zu qualifizieren ist, beurteilt sich gemäss herrschender Lehre nach privatrechtlichen Grundsätzen. Bei zweiseitigen Verträgen ist es diejenige Partei, welche mit dem FI eine finanzgeschäftliche Vertragsbeziehung eingeht (vgl. dazu auch die Definition gemäss Art. 2 lit. e) Regl. SRO). Bei einseitigen Rechtsgeschäften ist aber auch der Dritte, welcher zugunsten des Kunden eine Sicherheit leistet, mithin der Bürge oder Garant, zu identifizieren.

Es kann somit durchaus sein, dass bei bestimmten Konstellationen der Anwalt/Notar zwei Vertragsparteien gegenübersteht, wie das folgende Beispiel zeigt:

Herr X ist ein langjähriger Klient des Anwalts/Notars. Er hat diesen nun beauftragt, für ihn eine Sitzgesellschaft zu gründen und sich den rechtlichen Belangen dieser Firma anzunehmen. Ausserdem soll er die Formalitäten für die Eröffnung eines Bankkontos für die Gesellschaft erledigen und über das Konto verfügungsberechtigt sein. Gegebenenfalls soll er dem Verwaltungsrat der Gesellschaft beitreten und sich bereit erklären, die Bankenkorrespondenz entgegenzunehmen.

Die Gründung der Gesellschaft, deren rechtliche Beratung und Betreuung, die Erledigung der Formalitäten für die Kontoeröffnung sowie die Entgegennahme der Bankenkorrespondenz sind keine Finanzintermediation im Sinne des GwG.

Unter das GwG fallen jedoch die Annahme der Unterschriftsberechtigung für das Bankkonto und damit die Verfügungsgewalt über die anvertrauten Vermögenswerte sowie die Tätigkeit als Verwaltungsrat der Sitzgesellschaft.

Der Anwalt/Notar muss daher im Einvernehmen mit Herrn X darüber entscheiden, ob unter dem Blickwinkel des GwG Herr X seine Vertragspartei ist oder die in seinem Auftrag gegründete Sitzgesellschaft oder gar beide. Immerhin wird in der Lehre die Beziehung des Verwaltungsrates zur Gesellschaft als auftragsähnliche Beziehung betrachtet.

Allein der Umstand, dass das Honorar und die Auslagen des Anwalts/Notars gegebenenfalls von der Sitzgesellschaft bezahlt werden, bedeutet noch nicht, dass diese seine Vertragspartei ist. Herr X kann ohne Weiteres Vertragspartei des Anwalts/Notars sein und veranlassen, dass dessen Honorar und Auslagen von der Sitzgesellschaft, deren einziger Gesellschafter er ist, übernommen werden.

  • Wenn Herr X Vertragspartei ist, muss er nach den GwG- und SRO-Vorschriften identifiziert werden. Die Erklärung über die wirtschaftlich berechtigte Person ist jedoch nur dann zwingend einzuholen, wenn Zweifel darüber bestehen, dass die bei der Bank deponierten Vermögenswerte Eigentum von Herrn X sind.
  • Ist jedoch nicht Herr X, sondern seine Gesellschaft Vertragspartei, muss nicht nur die Identität der Gesellschaft nach den geltenden Vorschriften festgestellt, sondern von deren Organen eine schriftliche Erklärung über die wirtschaftlich berechtigte Person eingeholt werden, aus der hervorgeht, dass Herr X alleiniger wirtschaftlich Berechtigter an der Gesellschaft ist.

Muss daher den Vorschriften über die Feststellung der wirtschaftlich berechtigten Person stets nachgelebt werden, wenn die Vertragspartei eine Sitzgesellschaft ist, verhält es sich nicht so, wenn die Vertragspartei eine natürliche Person ist, die gleichzeitig Aktionärin und Eigentümerin der Sitzgesellschaft ist. Zu beachten ist, dass der derzeit dem Parlament vorliegende Entwurf zur Revision des GwG vorsieht, dass der wirtschaftlich Berechtigte in mehr Fällen nach dem risikobasierten Ansatz ermittelt werden soll.

Die der SRO SAV/SNV angeschlossenen Personen können im Fall einer Sitzgesellschaft aufgrund der Umstände frei darüber befinden, ob Vertragspartei die natürliche Person oder die Sitzgesellschaft sein soll. Allerdings haben die Mitglieder einheitlich vorzugehen, d.h. in allen ähnlichen gelagerten Fällen ist die Vertragspartei in gleicher Weise zu bestimmen.

Den unterschiedlichen Modalitäten bezüglich der Vorschriften über die Identifizierung der Vertragspartei und die Feststellung der wirtschaftlich berechtigten Person ist dabei die gebührende Beachtung zu schenken.

 

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Frage 11: Kontrollinhaber

Eine natürliche Person X ist an meiner Vertragspartei mit weniger als 25% beteiligt und verfügt weder rechtlich noch faktisch über die mir anvertrauten Vermögenswerte. Ist diese Person als Kontrollinhaber im Sinne von Art. 2 lit. g des Reglements der SRO SAV/SNV zu verstehen?

Antwort

Es gehört zur Pflicht des FI, den Kontrollinhaber festzustellen, falls es sich bei der Vertragspartei um eine nicht börsenkotierte operativ tätige juristische Person oder Personengesellschaft und keine mehrheitlich von einer börsenkotierten Gesellschaft kontrollierten Tochtergesellschaft handelt (vgl. Art. 36 Reglement SRO SAV/SNV).

Art. 2 lit. g Reglement SRO SAV/SNV definiert den Begriff des Kontrollinhabers wie folgt:

g) Kontrollinhaber: Wirtschaftlich berechtigte natürliche Person bei einer operativ tätigen juristischen Person oder Personengesellschaft. Es gilt die Definition «Kontrollinhaber» gemäss Art. 2 lit. f. GwV-FINMA.

Art. 2 lit. f der GwV-FINMA präzisiert den Begriff folgendermassen:

f. Kontrollinhaberin oder -inhaber: natürliche Personen, die über Stimmen oder Kapital mit mindestens 25 Prozent direkt oder indirekt, allein oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten oder auf andere Weise die Kontrolle über eine operativ tätige juristische Person oder Personengesellschaft ausüben und als wirtschaftlich Berechtigte an diesen von ihnen kontrollierten operativ tätigen Unternehmen gelten, oder ersatzweise die geschäftsführende Person eines solchen Unternehmens.

Die Feststellung des Kontrollinhabers obliegt dem obersten Leitungsorgan der Gesellschaft und wird kaskadenartig vorgenommen (vgl. Musterdokumentation «03 Form K_Feststellung KI»):

Eine natürliche Person wird dann als Kontrollinhaber bezeichnet, falls diese alternativ:

  1. 25% der Kapitals- oder Stimmrechtsanteile des Vertragspartners hält; oder
  2. auf andere Weise die Kontrolle über den Vertragspartner ausübt, falls die Kapitals- oder Stimmrechtsanteile nicht festgestellt werden können oder falls keine Kapitals- oder Stimmrechtsanteile von 25% oder mehr bestehen; oder
  3. die Geschäftsführung ausübt, falls die unter lit. b bezeichnete Person nicht festgestellt werden kann, oder diese Person nicht besteht.

Im oben aufgeführten Fragebeispiel ist die Person X somit nach a) und b) nicht als Kontrollinhaber zu bezeichnen. Zuletzt ist somit die Frage zu beurteilen, ob der X eine geschäftsführende Position (CEO) ausübt. Ist dies der Fall, ist X als Kontrollinhaber festzuhalten. Falls dies nicht der Fall ist, ist X nicht als Kontrollinhaber im Sinne von Art. 2 lit. g Reglement SRO SAV/SNV zu verstehen und der FI hat den Kontrollinhaber nach den oben aufgeführten Regeln ausfindig zu machen (vgl. Art. 36 Reglement SRO SAV/SNV).

 

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Frage 12: Aufbewahrungspflicht

Welche Dokumente sind (im Original oder in Kopie) aufzubewahren, wenn die Tätigkeit als Finanzintermediär für einen Klienten aufgegeben und diese von einem Dritten weiter geführt wird?

Antwort

Zur Erinnerung sei auf Art. 7 GwG (Dokumentationspflicht) verwiesen:

1Der Finanzintermediär muss über die getätigten Transaktionen und über die nach diesem Gesetz erforderlichen Abklärungen Belege so erstellen, dass fachkundige Dritte sich ein zuverlässiges Urteil über die Transaktionen und Geschäftsbeziehungen sowie über die Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes bilden können.

2Er bewahrt die Belege so auf, dass er allfälligen Auskunfts- und Beschlagnahmebegehren der Strafverfolgungsbehörden innert angemessener Frist nachkommen kann.

3Nach Beendigung der Geschäftsbeziehungen oder nach Abschluss der Transaktion bewahrt er die Belege mindestens während zehn Jahren auf."

Wenn das FI-Mandat abgeschlossen und nicht von einem Dritten übernommen wird, sind alle im fraglichen Dossier befindlichen Dokumente aufzubewahren. Gestützt auf Art. 400 OR (Rechenschaftspflicht) und die massgeblichen kantonalen Erlasse zum Anwaltsrecht sind dem Auftraggeber allerdings die von ihm übergebenen Originale auszuhändigen. Davon sind jedoch Kopien dem archivierten Dossier beizufügen.

Anders ist die Situation, wenn das FI-Mandat von einem Dritten weitergeführt wird. Dieser will verständlicherweise Kenntnis vom vollständigen Dossier haben und davon Kopien anfertigen sowie über den Verlauf der Geschäftsbeziehung informiert sein.

Das Kopieren eines umfangreichen Dossiers kann allerdings eine herkulische und kaum zumutbare Arbeit sein. Daher kann sich ein als Finanzintermediär tätiger Anwalt/Notar im Fall einer Übertragung des Dossiers damit begnügen, neben der FI-Liste die folgenden Dokumente aufzubewahren (vgl. Art. 51 Regl; Minimaldokumentation):

  • Dokument, welches zur Identifizierung der Vertragspartei gedient hat (z. B. Fotokopie des Passes; Amtsbestätigung der FL-Stiftung);
  • schriftliche Erklärung der Vertragspartei über die Identität des wirtschaftlich Berechtigten (sofern eine solche Erklärung existiert) und gegebenenfalls des Kontrollinhabers;
  • "Klientenprofil" inklusive die Belege über den Verlauf der Geschäftsbeziehungen;
  • Belege über das Resultat allfälliger Abklärungen;
  • Dokumente und Belege über die getätigten Transaktionen;
  • allfällige Meldungen an die Meldestelle (Art. 9 Abs. 1 GwG);
  • Liste der Dossiers (jedes einzelne Mandat);
  • mindestens Quartalsauzüge von Banken (wenn Vermögenswerte bei einer Bank deponiert waren).

Zu beachten ist, dass der übernehmende Anwalt/Notar die Identifikation, die Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten und gegebenenfalls des Kontrollinhabers sowie die Erststellung des Klientenprofils selber und eigenständig erneut vorzunehmen hat. Er kann sich nicht einfach auf die bereits erhobenen Daten und angelegten Dokumente berufen bzw. diese Aufgaben nur unter Einhaltung der Art. 46 - 48 Regl. SRO an einen Dritten delegieren. Auch in diesem Fall bleibt er jedoch für die pflichtgemässe Erfüllung der delegierten Aufgaben persönlich verantwortlich (Art. 48 Abs. 1 Regl. SRO).

 

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Frage 13: Transaktionen ohne Mitwirken des FI

Welches sind die GwG Pflichten des als Finanzintermediär tätigen Anwalts/Notars in Bezug auf Transaktionen, die in einer dem GwG unterstellten Geschäftsbeziehung ohne sein Mitwirken erfolgen?

Antwort

Es kann vorkommen, dass ein Anwalt/Notar, obwohl er mit einem Kunden in einer Geschäftsbeziehung als Finanzintermediär steht, nicht oder nur teilweise an Transaktionen beteiligt ist. Somit stellt sich die Frage, ob und inwiefern, der Anwalt/Notar in einem solchen Fall trotzdem den GwG-Pflichten nachkommen muss.

Dies ist häufig der Fall beim Anwalt/Notar der Organ einer Sitzgesellschaft ist und/oder als Bevollmächtigter handelt, jedoch an einer bestimmten Transaktion in keiner Weise mitwirkt. Die Vermögensverfügung kann entweder direkt durch den Klienten (d.h. durch den an den auf dem Konto der Sitzgesellschaft hinterlegten Werten wirtschaftlich Berechtigten) erfolgen, der auf dem Bankkonto zeichnungsberechtigt ist. Oder aber die Vermögensverfügung kann durch einen Dritten geschehen.

In einem solchen Fall hat der Anwalt/Notar als Finanzintermediär keine systematisch Überwachungs- und Dokumentationspflicht. Er hat auch gar nicht die Mittel dazu, da die Transaktion ja ohne seine Mitwirkung erfolgt ist. Er muss jedoch in seinen Unterlagen (Klientenprofil) genügend Informationen über die Geschäftsbeziehung eingeholt haben um nachträglich anhand der monatlichen (allenfalls auch nur dreimonatlichen) Bankbelege, die er von der Bank einfordern und aufbewahren muss, feststellen zu können, ob die Art, die Höhe, die Frequenz und die Empfänger/Begünstigten solcher Transaktionen mit den aus den vorerwähnten Unterlagen vorhandenen Angaben übereinstimmen. Stellt der Anwalt/Notar dabei Unstimmigkeiten fest, muss er bei seinem Klienten zwingend Abklärungen im Sinne von Art. 6 GwG sowie Art. 40 bis 45 Regl. SRO vornehmen und Informationen einholen.

Art. 7 GwG sowie Art. 52 Abs. 1 und 3 Regl. SRO schreiben zudem vor, dass das Klientenprofil regelmässig aktualisiert und den veränderten Umständen anzupassen ist. Ohne eine solche permanente Aktualisierung kann der Finanzintermediär (bzw. im Falle seiner Verhinderung dessen Stellvertreter) gar nicht feststellen, ob eine Geschäftsbeziehung von einem bestimmten Zeitpunkt an mit einem erhöhten Geldwäschereirisiko im Sinne von Art. 41 Regl. SRO verbunden ist. Ein Finanzintermediär, der aufgrund von Bankbelegen von offensichtlich ungewöhnlichen Transaktionen, die ohne seine Mitwirkung erfolgen, Kenntnis erhält, diesen aber keine weitere Beachtung schenkt und die diesfalls zwingend erforderlichen Abklärungen unterlässt, verstösst in krasser Weise gegen das GwG und die weiteren einschlägigen Vorschriften.

 

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Frage 14: Vorsorgeauftrag (vgl. auch Frage 6; in Bezug auf den Willensvollstrecker)

Ich habe von einer Klientin, die ich schon seit vielen Jahren in vermögensrechtlichen Belangen berate, einen Vorsorgeauftrag nach Art. 360 ff. ZGB erhalten. Vorausgesetzt, es werden beim Eintreten des Vorsorgefalles alle Bedingungen nach Art. 363 Abs. 2 erfüllt sein, stellt sich für mich die Frage, ob ich bei der Abwicklung dieses Auftrages als Finanzintermediär tätig sein werde oder nicht?

Antwort

Gemäss dem "Rundschreiben 2011/1 Finanzintermediation nach GwG" Seiten 133 ff. ist staatliches Handeln grundsätzlich dem GwG nicht unterstellt, wenn es im Hoheitsbereich erfolgt. Und zwar auch dann nicht, wenn die Tätigkeit an sich als Finanzintermediation zu qualifizieren wäre. Weiter ist für die Unterstellung unter das GwG die genaue Organisationsform des Trägers öffentlicher Aufgaben unerheblich. Auch private Organisationen können per Gesetz, durch einen Hoheitsakt oder aufgrund eines verwaltungsrechtlichen Vertrages ermächtigt werden, öffentliche Aufgaben wahrzunehmen. Voraussetzung dazu ist, dass die Finanzintermediation durch eine gesetzliche Grundlage der Behörde übertragen oder erlaubt ist, ein subordinatives Verhältnis zwischen der Behörde und dem Vertragspartner besteht und die Finanzintermediation der Behörde als Mittel dient um eine in ihrer Kompetenz liegende Aufgabe zu erfüllen. Weiter wird im Rundschreiben Rz. 141 ausdrücklich festgehalten, dass u.a. vormundschaftliche Organe dem GwG grundsätzlich nicht unterstellt sind.

Die beauftragte Person gemäss Art. 363 ff. (neu) nimmt somit gestützt auf ebendiese gesetzliche Grundlage im Rahmen des Vorsorgeauftrages stellvertretend für die Behörde eine staatliche Aufgabe wahr. Dabei bleibt die Behörde gegenüber der beauftragten Person weisungsberechtigt und kann ihr nötigenfalls die Befugnisse teilweise oder ganz entziehen. Wer sich daher im Fall der eingetretenen Urteilsunfähigkeit der betroffenen Person im Rahmen eines Vorsorgeauftrages im obenerwähnten Sinne um die Betreuung und die Verwaltung des Vermögens dieser Person kümmert, ist dem GwG nicht unterstellt und handelt damit nicht als FI.

 

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Frage 15: Abklärungspflichten Transaktionen/Geschäftsbeziehungen

Gibt es irgendwelche betragsmässigen Limiten, ab welchen Transaktionen und deren Hintergründe näher abgeklärt werden müssen? Was ist zu tun, wenn diese Limiten überschritten werden? Wie verhält es sich ganz grundsätzlich mit der Pflicht zur Vornahme besonderer Abklärungen?

Antwort

  1. Reglementarische Limiten

Gemäss Art. 42 Abs. 3 Regl. SRO gelten als Transaktionen mit erhöhtem Risiko in jedem Fall

  • das (einmal oder gestaffelte) physische Einbringen oder Abziehen von Vermögenswerten (als Kassageschäft) von mehr als CHF 100'000.– (oder dem Gegenwert in ausländischer Währung)

sowie

  • die Geld- oder Wertübertragung von mindestens CHF 5'000.– (oder dem Gegenwert in ausländischer Währung). Was als Geld- oder Wertübertragung gilt, ist in Art. 2 lit. b) Regl. SRO definiert.
  1. Vom FI zu definierende Limiten/Kriterien, wann eine Transaktion als mit erhöhtem Risiko behaftet gilt

Der FI muss in jedem einzelnen Dossier unter anderem eine betragsmässige Limite festlegen, ab welcher eine Transaktion als ungewöhnlich gilt (Art. 42 Abs. 2 lit. a) Regl. SRO). Massgebend für ein allenfalls erhöhtes Risiko sind je nach Geschäftsaktivität des FI aber auch weitere Kriterien (Art. 42 Abs. 2 lit. b) und c) sowie Abs. 3 Regl. SRO).

Diese sind in jedem Fall in einem internen Reglement schriftlich (Art. 54 Abs. 3 und Abs. 4 lit. j) Regl. SRO) festzuhalten.

  1. Vom FI zu definierende Kriterien, wann eine Geschäftsbeziehung als mit erhöhtem Risiko behaftet gilt

Jeder FI ist gehalten, aufgrund seiner Klientenstruktur diejenigen Kriterien festzulegen, bei deren Vorliegen eine Geschäftsbeziehung als mit erhöhtem Risiko behaftet gilt (Art. 41 Regl. SRO). Diese sind ebenfalls in einem internen Reglement (Art. 54 Regl. SRO) schriftlich festzuhalten.

Es spielt also keine Rolle, ob der Anwalt/Notar in der Kanzlei als Einziger FI-Mandate betreut oder neben 15 weiteren Kollegen als Finanzintermediär tätig ist. Auch spielt es keine Rolle, ob der FI lediglich ein oder aber mehrere Dutzend Geschäftsbeziehungen unterhält und damit FI-Dossiers führt.

Aber auch unabhängig von den vorstehend genannten Umständen kann eine Geschäftsbeziehung und/oder Transaktion als ungewöhnlich erscheinen und damit ein erhöhtes Risiko darstellen (Art. 40 Regl. SRO). Dies ist z.B. dann der Fall, wenn die Rechtmässigkeit einer Transaktion nicht erkennbar ist. Weitere Anhaltspunkte, welche auf ein erhöhtes Geldwäscherei-Risiko schliessen lassen, finden sich im Anhang zur GwV-FINMA, SR 955.033.0).

In all diesen Fällen muss der FI besondere Abklärungen nach Art. 44 Regl. SRO treffen und diese sowie insbesondere deren Resultate im Dossier dokumentieren (Art. 45 Abs. 2 Regl. SRO). Zudem hat er eine Plausibilisierung vorzunehmen und die Ergebnisse der Abklärung zu werten sowie seine daraus gezogenen Schlüsse und Massnahmen schriftlich festzuhalten.

Für Kassageschäfte nach Art. 2 lit. a) Regl. SRO sind im Übrigen die Sorgfaltspflichten nach Art. 22 (Identifizierung der Vertragspartei) und Art. 32 (Feststellung der wirtschaftlichen Berechtigung) Regl. SRO zu beachten.

 

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Frage 16: Definition Risikoland

Im Musterformular «05 Risikoeinteilung», welches unter der Musterdokumentation auf der SRO SAV/SNV Webseite abrufbar ist, ist mehrmals die Rede von «Risikoland gemäss Ziffer <…> der internen Richtlinien».

Ist dieser Begriff des Risikolandes identisch mit der FATF-Liste?

Antwort

Die SRO stützt sich zur Definition der Risikoländer für die Einteilung der Geschäftsbeziehungen im Jahresbericht zur Beantwortung der Ziffern 2 und 3 mit Bezug auf den definierten Begriff «Risikoland» auf die Vorgaben der FINMA.

Die SRO stützt sich für die Definition der Risikoländer auf die ehemaligen DUFI-Erhebungsformulare, welche eine Einteilung in «Emerging Markets» und «Offshore-Zentren» vornimmt. Die Mitgliedstaaten der EU, die Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island sowie die «Industriestaaten» werden nicht als Risikoländer betrachtet (soweit nicht im Einzelfall explizit genannt; s. Ausnahme von Irland, vgl. unten).

Als Risikoland gelten: «Emerging Markets» und «Offshore-Zentren» gemäss FINMA-Definition:

  • «Offshore-Zentren»: Anguilla, Antillen, Bahamas, Bahrain, Barbados, Belize, Bermuda, British Virgin Islands, Cayman, Delaware, Florida (Miami), Gibraltar, Guernsey, Hongkong, Isle of Man, Irland, Jersey, Macao, Malta, Marshall Islands, Mauritius, Monaco, Nevis, Panama, Seychellen, Singapur, South Dakota, Wyoming und Zypern.
  • «Industriestaaten»: USA, Kanada, Japan, Australien, Neuseeland.
  • «Emerging Markets»: andere Staaten.

Link zum DUFI-Erhebungsformular 2019: <https://www.finma.ch/de/~/media/finma/dokumente/dokumentencenter/myfinma/2ueberwachung/pruefwesen-dufi/gwg-erhebungsformular-fuer-dufi-2019.xlsx?la=de> (Stand: 20.08.2020).

Für Ziffer 8 des Jahresberichts sowie die interne Risikoeinteilung der Geschäftsbeziehungen der Finanzintermediäre, bleiben deren eigene Beurteilung gemäss deren interner Richtlinien vorbehalten. In diesem Fall kann der/die FI die individuelle und subjektive Einschätzung der mandatsinhärenten- und fallbezogenen Risiken definieren, welche für ihre/seine Beurteilung weitere Länder oder weniger Länder als Risikoland bezeichnen kann. Die entsprechenden Hinweise werden auch im Infobulletin 2/2019 unter Punkt 3 sowie im Infobulletin 3/2020 unter Punkt 4 aufgeführt.

Zwingend zu berücksichtigen sind jedoch in jedem Fall die von der FATF/GAFI als «high risk» oder nicht kooperativ bezeichneten Länder (vgl. insb. Art. 41 und 42 Reglement SRO).

Vorbehalten bleibt seitens der SRO SAV/SNV die Anpassung in Abhängigkeit der allgemeinen Entwicklungen und Erkenntnisse.

 

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Frage 17: MROS-Meldepflicht

Das Bundesgericht ist in seinem Entscheid vom 7. August 2018 (6B_1453/2017) auf die Frage der zeitlichen Begrenzung der Meldepflicht nach Art. 9 GwG zurückgekommen. Zusammengefasst hat es sinngemäss festgehalten: „ Der anwendbare Grundsatz, wonach die Meldepflicht solange dauert, wie die Auffindung und Einziehung der Vermögenswerte möglich sind, verlangt, dass die Pflicht zur Meldung solange die Strafbehörden keine Kenntnis über den Verbleib der in mögliche Geldwäschereihandlungen involvierten Vermögenswerte haben, aufrecht erhalten bleibt, d.h. solange ihnen diese noch entgehen können. Im Übrigen rechtfertigt sich diese Auslegung der Meldepflicht schlussendlich durch ihren Zweck, die Auffindung und Einziehung der betroffenen Vermögenswerte zu ermöglichen.“

Die SRO weist daraufhin, dass der FI nicht auf eine Meldung einzig gestützt darauf verzichten kann, wenn er davon Kenntnis hat, dass im gleichen Zusammenhang bereits eine Strafuntersuchung eröffnet worden ist. Nur wenn der FI die Gewissheit hat, dass eine Meldung seinerseits keine neuen Informationen zum betreffenden Fall beitragen würde, entfällt die Meldepflicht. Andernfalls ist er zu einer Meldung verpflichtet. Ein Verzicht auf eine Meldung kann somit nur und ausschliesslich dann in Betracht gezogen werden, wenn der FI mit Sicherheit weiss und nicht nur den Eindruck hat, dass eine Meldung ihrerseits keinerlei neue Information liefert. Im Zweifel ist eine Meldung zu erstatten.

Zu beachten ist weiterhin das Melderecht gemäss Art. 305ter Abs. 2 StGB, wonach ein FI berechtigt ist, der MROS einen Verdacht zu melden, ohne sich dabei wegen Verletzung des Berufsgeheimnisses strafbar zu machen.

Exkurs: Was ist unter «begründetem Verdacht» zu verstehen?

Der Begriff des «begründeten Verdachts» gibt regelmässig Anlass zu Diskussionen, sei es auf gerichtlicher Ebene, auf Verwaltungsebene (MROS, Finma) oder im Bereich der Politik und der Gesetzgebung. Vgl. insbesondere die jüngsten Debatten in der Bundesversammlung im Zusammenhang mit der Änderung des GwG.

Um die Rechtsunsicherheit zu verringern, soll in Art. 9 GwG eine Definition des begründeten Verdachts aufgenommen werden.

Zunächst sei auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung verwiesen und insbesondere auf das Urteil des BGer 6B_786/2020 vom 11. Januar 2021, das zur Publikation in der amtlichen Sammlung BGE vorgesehen ist.

Dieses Urteil befasst sich mit den beiden folgenden vom Beschwerdeführer vorgebrachten Rügen: 1. die Verjährung und ihre Unterbrechung sowie 2. das Legalitätsprinzip und der Grundsatz der Nichtrückwirkung im Zusammenhang mit der sich entwickelnden Auslegung des Begriffs des «begründeten Verdachts».

Wichtig ist in diesem Zusammenhang die erste Rüge. Der dem Beschwerdeführer vorgeworfene Sachverhalt (Verletzung der Meldepflicht) ging auf das Jahr 2011 (16. Mai bis 6. Juni) zurück. Die Verjährungsfrist betrug 7 Jahre, und die Strafverfügung erfolgte kurz vor Ablauf der Frist von 7 Jahren (am 5. April 2018).

Zur Erinnerung: Die Verjährung tritt nicht mehr ein, wenn vor Ablauf der Verjährungsfrist ein erstinstanzliches Urteil (Verurteilung oder Freispruch) ergangen ist (Art. 97 Abs. 3 StGB). Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer erfolglos versucht, eine Änderung der Rechtsprechung herbeizuführen, wonach in Strafsachen, die zunächst im Verwaltungsstrafverfahren behandelt werden – wie dies bei in den Zuständigkeitsbereich des EFD fallenden Verstössen gegen die Meldepflicht der Fall ist –, die Strafverfügung (Art. 70 VStrR), die auf einer umfassenden Grundlage beruhen muss und im Rahmen eines kontradiktorischen Verfahrens erlassen wird, welches auf den Strafbescheid (Art. 64 VStrR) folgt, der massgebende Entscheid ist, mit dem die Verjährung endet.

Somit ist das BGer nach wie vor der Auffassung, dass die Strafverfügung einem erstinstanzlichen Urteil im Sinne von Art. 97 Abs. 3 StGB gleichzustellen ist. Dies im Gegensatz zum Strafbefehl (Art. 352 ff. StPO), der gemäss BGer lediglich ein Vorschlag zur aussergerichtlichen Erledigung einer Strafsache ist und keine Unterbrechungswirkung hat. In casu wies das BGer deshalb die Rüge der Verjährung ab.

Was den begründeten Verdacht anbelangt, wird einmal mehr die vorherrschende Rechtsunsicherheit deutlich, da die Strafkammer des Bundesstrafgerichts sinngemäss festhielt, «dass die Compliance-Abteilung ihren Abklärungspflichten durch die Einholung zusätzlicher Informationen nachgekommen war und die dem Beschwerdeführer zur Verfügung stehenden Elemente ... nicht ausreichten, um einen Verdacht auf die verbrecherische Herkunft der Gelder oder auf Geldwäscherei zu begründen, welcher eine Meldung an die MROS gerechtfertigt hätte», während die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts, welcher das Bundesgericht folgte, die Auffassung vertrat, dass «[...] folgende Begründungsschritte erforderlich sind. Soweit Indizien für Geldwäscherei vorlagen, mussten Abklärungen verlangt werden. Die Bank hatte zwar ein Abklärungsverfahren eingeleitet, erhielt jedoch bezüglich verschiedener Aspekte der Transaktion keine zufriedenstellende Antwort. C. (der Kunde) hatte keine plausible Begründung abgegeben, warum er eine Bankbeziehung bei einem neuen Finanzintermediär eröffnet hatte und am Tag darauf einen bedeutenden Geldbetrag erhielt und warum er beabsichtigte, fast die gesamten Vermögenswerte zu überweisen oder abzuheben; vor allem hatte er die Gründe für diese Überweisungen nicht dokumentiert, geschweige denn die Gründe für die Dringlichkeit all dieser Transaktionen. (Die Berufungskammer) war somit der Auffassung, dass die Geschäftsbeziehung in ihrer Gesamtheit abgeklärt werden musste und scheint der erstinstanzlichen Behörde daher vorzuwerfen, dass sie die Einholung von Informationen in Bezug auf die Herkunft der Gelder für ausreichend hielt, während der Zweck der vom Kunden verlangten Überweisungen unklar blieb, da er nicht mit den gegebenen Erklärungen übereinstimmte und es an schriftlichen Belegen fehlte. Sie kam zum Schluss, dass das Abklärungsverfahren die anfänglichen Zweifel nicht ausgeräumt hatte, so dass in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung zum Begriff des ‹begründeten Verdachts› [...] eine Meldung an die MROS erforderlich gewesen wäre.» (aus dem Französischen übersetzt).

Das Bundesgericht zieht in diesem Urteil eine Bilanz der bisherigen Rechtsprechung zum Begriff des begründeten Verdachts und anerkennt, dass eine «evolutive» Auslegung des Wortlauts von Art. 9 GwG stattgefunden hat (Verschiebung hin zum einfachen Zweifel nach Abklärung). In seinem Urteil hält das BGer jedoch nicht fest, dass die Auslegung im vorliegenden Fall gegen das Legalitätsprinzip und den Grundsatz der Nichtrückwirkung verstösst.

Der Rechtsprechung ist somit zu entnehmen, dass eine Meldung erforderlich ist, wenn Zweifel sowohl hinsichtlich der Herkunft der Mittel als auch hinsichtlich ihrer Verwendung bestehen und die Klärung dieser Zweifel insgesamt nicht schlüssig ist.

Es sei darauf hingewiesen, dass das Parlament in der Wintersession 2020/2021 (Schlussabstimmung vom 19. März 2021) beschlossen hat, dem «begründeten Verdacht» die folgende Definition zu geben, die derjenigen im oben erwähnten Urteil entspricht: «Ein begründeter Verdacht liegt vor, wenn der Finanzintermediär einen konkreten Hinweis oder mehrere konkrete Anhaltspunkte hat, dass für die in die Geschäftsbeziehung involvierten Vermögenswerte Absatz 1 Buchstabe a [GwG] erfüllt sein könnte, und dieser aufgrund zusätzlicher Abklärungen gemäss Art. 6 [GwG] nicht ausgeräumt werden kann.» Vgl. Art. 9 Abs. 1ter GwG.

 

 

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[1]         https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20152238/index.html

[2]         https://www.finma.ch/de/dokumentation/rundschreiben/

[3]         https://www.finma.ch/de/dokumentation/rundschreiben/

[4]         https://www.finma.ch/de/dokumentation/rundschreiben/

[5]         https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19110009/index.html#a697k

[6]         https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20143112/index.html